Das sind wir!

Deutsch-Englische Gesellschaft e.V. Hachenburg (DEG)


Zwei Länder, zwei Städte -
und was daraus werden kann!

 

„My home is my castle“ (frei übersetzt: Daheim bin ich König) lautet ein bekanntes englisches Sprichwort. Wir Wäller würden sagen „Derhem öss ött der best!“
Haus und Heim mit anderen zu teilen ist Gastlichkeit. Um diese Art von Gastfreundschaft geht es nicht zuletzt bei Städtepartnerschaften. Völkerverständigung ist ein großes Wort, sie beginnt und gedeiht indes im Kleinen. Beim Kennenlernen von Menschen aus anderen Nationen, beim gegenseitigen Austausch, beim herzlichen „willkommen heißen“ in den eigenen vier Wänden.
 

 

Wie kam es zu der Städtepartnerschaft zwischen Hachenburg und Higham Ferrers?

 

Ein bisschen holprig und langwierig war er schon, der Weg zur Partnerschaft zwischen den beiden Städtchen. Bereits Anfang der achtziger Jahre machte sich
der damalige Bürgermeister von Hachenburg, Karl-Heinz Christian, auf die Suche nach einer Partnerstadt in Frankreich oder England. Doch seine Suche, die von seinem Nachfolger Alois Schuth fortgesetzt wurde, war nicht von Erfolg gekrönt,
da viele ausländische Kommunen bereits Partnerschaften eingegangen waren oder ungleiche Strukturen der jeweiligen Städte dagegensprachen.

 

Das sollte sich im Februar 1988 ändern, als eine Delegation der Grafschaft Northamptonshire den Westerwaldkreis sowie die Löwenstadt besuchte. Zu dieser mittelenglischen ländlichen Grafschaft, aus der übrigens Prinzessin Diana stammte, pflegt der Westerwaldkreis seit 1981 eine Partnerschaft.
Im Oktober 1988 erfolgte ein gezielter Schnupperbesuch der Briten in Hachenburg, und schon im März des darauffolgenden Jahres bildete sich in Higham Ferrers ein Partnerschaftskomitee.

 

Von da an ging es Schlag auf Schlag. Im Sommer wurde Hendrik Hering
mit 25 Jahren der jüngste Bürgermeister Deutschlands, er setzte sich sehr f
ür die Verwirklichung der Städtepartnerschaft zwischen Higham Ferrers und Hachenburg ein.

 

Auf britischer Seite kam Maye Dicks ins Spiel, die ganz entscheidend zum Zustandekommen des „town twinning“ beigetragen hat.

 

Als Partnerschaftsbeauftrage der Grafschaft Northhamptonshire besuchte Maye Dicks im Sommer 1989 Hachenburg. Dabei kam zur Sprache, dass es in ihrer Grafschaft mehrere Gemeinden gäbe, die Partnerstädte suchen würden. Hier kam die Kombination Hachenburg-Higham Ferrers zum ersten Mal ins Gespräch.

 

 

Auf die schnelle Rückmeldung, in der die Briten großes Interesse an einem
„town twinning“ mit der Löwenstadt bekundeten, folgte ein erneuter Besuch
in Hachenburg im Oktober 1989.

Kurz danach kam die erste Reise der Hachenburger nach Higham Ferrers zustande. An einem äußerst geschichtsträchtigen Datum, wie sich schnell herausstellte: die Fahrt fiel mit dem Fall der Berliner Mauer zusammen!
Viele Teilnehmer der Delegation realisierten die Bedeutung erst richtig nach ihrer Ankunft in Highham Ferres. Denn nach einer Veranstaltung am Abend des 9. November 1989 zur Vorstellung des Buches „Zachor“ auf Schloss Hachenburg
brach die Delegation früh morgens am 10. November 1989 nach Higham Ferres auf. Viele der Teilnehmer hatten erst nach der Buchvorstellung am späten Abend vom Mauerfall erfahren.
Die Engländer hatten aufgrund der Ereignisse mit einer kurzfristigen Absage gerechnet und waren umso erfreuter, dass der Besuch trotzdem zustande kam.

 

 

Der damalige Bürgermeister Hendrik Hering erinnert sich:

 

„Die herzlichen Gratulationen am Tage der Ankunft zeigten uns: Wir sind bei Freunden angekommen! Die Delegation bestand aus Ratsmitgliedern und dem Schulleiter der Realschule. Sie erfolgte im vollbesetzten VW-Bus des Stadtforstes. Bei unserer Ankunft am späten Abend erwarteten wir nur eine Begleitung zum Quartier. Zu unserer Überraschung hatten die englischen Gastgeber allerdings einen sehr offiziellen Empfang am Rathaus in historischen Gewändern organisiert. Es gab sehr verwirrte Blicke als sich herausstellte, dass der Bürgermeister der deutschen Gäste ein 25-Jähriger in Jeans, Turnschuhen und Windjacke war.

 

Beeindruckend war vom ersten Moment an die Herzlichkeit und Offenheit, mit der wir stets in Higham Ferres aufgenommen wurden. Beim ersten Besuch war uns allen klar, dass Maye Dicks eine sehr gute Entscheidung getroffen hatte, indem sie Hachenburg und Higham Ferres zusammenbrachte: beides gleich große Kleinstädte mit wunderschönen historischen Stadtkernen und vielen interessierten Menschen, die großes Interesse an der Partnerschaft hatten.

 

Trotz der beengten Wohnverhältnisse war es vielen der englischen Freunde ein Anliegen, Privatquartiere bereitzustellen. Viele von uns lernten so zum ersten Mal echtes englisches Frühstück kennen. Bei meinem ersten Besuch war es bei mir um fünf Uhr morgens, da meine Gastgeberfamilie davon überzeugt war, ich könne England nicht verlassen, ohne ihr „Breakfast“ kennenglernt zu haben. Trotz der Uhrzeit war ich begeistert. Diese Begeisterung und viele weitere gute Erinnerungen habe ich mir bis heute bewahrt.“

 

 

Die Weichen waren gestellt und schon am 28. November 1989 beschloss der Stadtrat von Higham Ferrers, die Partnerschaft einzugehen. Dieses Votum wurde im Rat der Löwenstadt am 24. Januar 1990 einstimmig bestätigt.

 

„All’s well that ends well“ - Ende gut, alles gut! Der krönende Abschluss der langen Vorgeschichte und gleichzeitig das erste Kapitel einer ganz neuen Geschichte stellte die Unterzeichnung des Vertrags am 17. März 1990 in Higham Ferrers dar. Bürgermeister Hendrik Hering und Anna Sauntson besiegelten feierlich auf einer von Achim Reineck (Hachenburg) künstlerisch gestalteten Urkunde die Partnerschaft.

 

 

Und wie ging es weiter?

 

Inzwischen zählt der Verein 81 Mitglieder, die aus der Stadt und Verbandsgemeinde Hachenburg, aber auch aus den Verbandsgemeinden Bad Marienberg, Westerburg und Rennerod kommen. Seit der Gründung der Städtepartnerschaft wechseln sich
die britischen Freunde und die Wäller mit Fahrten auf die Insel und den Kontinent
ein Jahr ums andere ab. Besuchen uns die englische Freunde oft für ein verlängertes Wochenende, nutzt die Wäller Reisetruppe gerne den Besuch von Higham Ferrers, um anschließend weitere Regionen Großbritanniens zu erkunden. So wurden bereits Schottland, Irland, Cornwall, Wales oder die Kanalinseln bereist. Organisiert werden diese Reisen (Dauer in der Regel sieben bis zehn Tage) in Eigenregie, betreut und durchgeführt vom Vorsitzenden des Vereins.

Übrigens: Man muss kein DEG-Mitglied sein, um an den Reisen teilnehmen zu können! Die DEG macht nicht nur Reisen, sie ist auch alljährlich am Hachenburger Weihnachtsmarkt mit dem Verkauf von hochprozentigem Fisherman‘s Punch präsent. Cheers!

 

 

Die in den neunziger Jahren organisierten Jugendreisen und der lebhafte Schüleraustausch zwischen der Graf-Heinrich-Realschule und ihrer Partnerschule Raunds Manor School ermöglichten vielen Jugendlichen, England kennenzulernen.

 

Die Vereinsjubiläen waren immer Gelegenheiten zu fröhlichen Feiern, ob nun im Westerwald oder auf der Insel.

Ein ganz besonderer Besuch der Briten fand zum 700. Geburtstag der Löwenstadt statt. Im August 2014 nahm die DEG in historischen Kostümen am Brezelzug
der Jubiläumskirmes teil. Besonders die Engländer waren in ihren extravaganten Kostümen eine wahre Augenweide, und alle genossen ihren großen Auftritt und die Kirmes!

 

Dass durch eine Städtepartnerschaft auch Freundschaften zwischen den Teilnehmern entstehen, ist ein wunderbarer und erhoffter Effekt dieser offiziellen Verbindung!

 

So konnten Joanna und Rüdiger Schneider bei ihrer ersten Reise mit der DEG in den frühen 90ern noch lange nicht ahnen, was ihnen alles in den nächsten Jahrzehnten an wunderbaren Erlebnissen bevorstand.

 

Ihr englischer Gastgeber Stuart Roberts war anfangs eingesprungen. Irgendwie war bei Ankunft der deutschen Gesellschaft ein Schlafplatz zu wenig eingeplant worden, doch die beiden wurden umso herzlicher von dem Witwer und seiner Tochter aufgenommen. Obwohl die Engländer kein Deutsch und Schneiders nur Schulenglisch beherrschten, verbrachten alle vergnügliche Tage miteinander, der Abschied fiel schwer. Über die Jahre blieb man telefonisch immer in Verbindung, man sah sich jedes Jahr zu den Austauschbesuchen. Es wurden gemeinsame Urlaube in Cornwall oder Österreich verbracht, die Freundschaft wurde auf die gesamten Familienmitglieder ausgeweitet!

 

Im Jahr 2019 stand der 90. Geburtstag von Stuart an. Rüdiger fragte Wochen vorher in einem Telefonat nach, ob eine „big party“ geplant sei. Stuart verneinte, denn alle seine Freunde waren mittlerweile schon verstorben. „Naja, wenn Dir nichts Besseres einfällt, kommst Du eben zu uns!“ Schnell angeboten von Rüdiger, noch schneller von Stuart angenommen!

 

So kam er, mittlerweile im Rollstuhl sitzend, mit der Tochter im Juli 2019 angeflogen. Joanna hatte alles vorbereitet, gebacken, gekocht und sogar Geburtstagsprogramm mit Tagesausflug zusammengestellt! Die Enkelkinder sangen für Stuart, die Chorfreundin kam mit der Gitarre und spielte nur für ihn. Verschiedene Mitglieder aus der DEG schauten in der Geburtstagswoche vorbei, sie mussten unbedingt diesen Engländer kennenlernen, der extra aus Großbritannien kam um hier zu feiern. Es war für alle ein besonderer Besuch, ein Ausdruck für eine besondere Freundschaft. Der beste Beweis für gelebtes Europa und gegenseitiges Verständnis unter den Völkern!

 

 

Seit mehr als 30 Jahren besteht nun diese Städtepartnerschaft und einige Mitglieder sind schon von Anfang an dabei, wie zum Beispiel Klaus Krämer. Er hat in annähernd drei Jahrzehnten schon viel von Großbritannien gesehen und erlebt. Eins seiner persönlichen Highlights war die 750-Jahr-Feier von Higham Ferrers, wo er zusammen mit Rüdiger Schneider den Westerwald vertreten durfte und sie bei dieser Gelegenheit Prinzessin Anne hautnah erlebten.

 

Auf die Frage, wo es ihm denn am besten gefallen habe, meinte Klaus: „Wenn wir nach Higham Ferrers kommen, werden wir jedes Mal im Rathaus von Vertretern der Stadt feierlich begrüßt. Die beeindruckenden Amtsroben und die prächtige Bürgermeisterkette haben uns Wäller schon oft zum Staunen gebracht. Jede Region hat ihren Reiz, aber in Northamptonshire mit seiner ländlichen Struktur habe ich mich immer sehr wohl gefühlt. Bei den DEG-Fahrten sind mir persönliche Begegnungen das Wichtigste. Unsere Freunde Mick und Margaret mit ihrer Familie kennen wir nun seit mehr als 25 Jahren und wir waren sogar bei ihrer Goldhochzeit dabei.“

 

 

Wäller und britische Gastlichkeit erlebten auch Newberys und Müllers.

 

Schon länger hegten Christian und Alexandra Müller den Wunsch, einmal nach England zu reisen. Doch der Linksverkehr und wenig Vertrauen in die eigenen Sprachkenntnisse schreckten sie von dem Vorhaben ab. Doch als sie auf eine
DEG-Reise im Herbst 2009 aufmerksam wurden, fassten sie sich ein Herz und meldeten sich an. Im Vorfeld herrschte sowohl bei den Neunkhäusern als auch bei ihren britischen Gastgebern David und Val Newbery eine gehörige Portion Skepsis.   

 

„Seit meiner Schulzeit an der Realschule hatte ich nichts mehr mit Englisch am Hut und das war nicht gerade mein Lieblingsfach“, erzählt Alexandra. Und Newberys sprechen kein Wort Deutsch und hatten bis dato noch nie Gäste der Städtepartnerschaft beherbergt. Die Reise brachte also für beide Seiten etwas ganz Neues, dem sie gleichzeitig neugierig und etwas bang entgegenblickten. An einem schönen klaren Oktoberabend wurden die Wäller schließlich am Marktplatz von Higham Ferrers offiziell willkommen geheißen und anschließend in ihre Familien „verteilt“. „Wir waren etwas aufgeregt, aber die anfängliche Scheu legte sich rasch und schon bald war das Eis gebrochen“, erinnert sich Christian. Die gesamte Familie schloss die deutschen Gäste ins Herz und gemeinsam verlebten alle unvergessliche Tage. Im Laufe der Jahre ist eine gute Freundschaft entstanden, seit dem ersten Aufenthalt in England sind Müllers und Newberys ein festes deutsch-englisches Austauschpaar.

 

Viel wurde in den letzten Jahrzehnten erreicht. Die „engen freundschaftlichen Kontakte“ aus der Satzung wurden Wirklichkeit und mit Leben gefüllt. Angefangen von einer Idee, bis hin zu länderübergreifenden Freundschaften. Aber auch diese müssen gepflegt werden! Von privater, wie auch von offizieller Seite. Nutzen wir die Möglichkeiten, die engagierte Mitbürger auf den Weg gebracht haben.

 

Wir sollten diese Chance nicht verstreichen lassen ...

 

 

 

Der Partnerschaftsvertrag im Wortlaut:

 

„Auf der Basis gegenseitiger freundschaftlicher Beziehungen unter den Ländern Europas und in dem Bestreben, das Zusammenleben der Völker in Frieden und Freiheit zu sichern, erklären die Vertreter von Hachenburg und Higham Ferrers hiermit feierlich ihren Willen, eine Partnerschaft aufzubauen, um die bestehenden Verbindungen zwischen beiden Städten zu erweitern. Hierbei sind sie von dem Wunsch getragen, dass die Einwohner von Hachenburg und Higham Ferrers und besonders die jungen Menschen in der Lage sein werden, durch enge freund-schaftliche Kontakte auf vielfältige Weise dazu beizutragen, das gegenseitige Verständnis unter den Völkern Europas zu fördern.“

 

 

 

Text: Stefanie Klevers und Anette Schäfer mit freundlicher Unterstützung durch Hendrik Hering und Klaus Krämer

 

 

 

 

Wappen der Partnerstädte
Hachenburg / Higham Ferrers